Die ETH/PHRT-finanzierten klinischen Studien «RAPID 01» und «PROGNOSTICS» haben erfolgreich mit der Rekrutierung von Patienten begonnen. Die «RAPID 01»-Studie, die Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) untersucht, die auf die Standardtherapie nicht angesprochen haben oder einen Rückfall erlitten, sowie die «PROGNOSTICS»-Studie zur Behandlung von metastasiertem, kastrationsresistentem Prostatakrebs mit einem neuen Radiopharmazeutikum konnten bereits mehrere Patienten für die klinischen Studien aufnehmen. Beide Studien nutzen Gesundheitstechnologien aus dem ETH-Bereich, um eine personalisierte und verbesserte Patientenversorgung zu ermöglichen.
«Ich freue mich sehr, dass wir dank guter Zusammenarbeit aller Beteiligten die Bewilligung durch Swissmedic erhalten haben und die Studie nun in die klinische Phase gehen darf», so Berend Snijder, Systembiologe der ETH Zürich, der die Studie «RAPID 01» leitet und gemeinsam mit Markus Manz und Alexandre Theocharides vom Universitätsspital Zürich umsetzt. «Geplant ist, dass wir das Blut von insgesamt 88 AML-Patientinnen und -Patienten mit unserer an der ETH Zürich weiterentwickelten Technology «Pharmacoscopy» untersuchen können und so zu einer personalisierten Behandlung der Patientinnen und Patienten beitragen», erklärt der Studienleiter.
Die von Berend Snijder hervorgebrachte Methode «Pharmacoscopy» funktioniert wie folgt: Von den Patientinnen und Patienten wird eine kleine Blutprobe entnommen und ins Labor gesendet. Dort wird diese mit einer Reihe von unterschiedlichen Pharmazeutika in Verbindung gebracht. In einem zweiten Schritt werden die Zellen durch Immunfluoreszenz eingefärbt. Danach werden mit einer automatisierten Hochdurchsatz-Mikroskopie Millionen von Bildern gemacht und mit Hilfe von künstlicher Intelligenz analysiert. Dadurch können personalisierte Therapievorschläge generiert werden. Mit diesem Ansatz benötigen die Patientinnen und Patienten idealerweise keine mehrfachen Chemotherapie-Durchläufe mehr, um ein geeignetes Medikament zu finden.
Studie «PROGNOSTICS» bereits in vollem Gange
Auch die zweite von PHRT finanzierte klinische Studie «PROGNOSTICS» appliziert das am PSI neu entwickelte Radiopharmazeutikum, welches «Terbium 161» enthält, bereits seit März 2024 bei den ersten Patienten. Der Projektleiter, Roger Schibli, Leiter des Zentrums für radiopharmazeutische Wissenschaften am Paul Scherrer Institut PSI, arbeitet dabei mit Damian Wild, Alin-Florin Chirindel und Guillaume Nicolas vom Universitätsspital Basel und Nicola Aceto der ETH Zürich zusammen. «Wenn sich unsere Hypothese mit diesem Medikament bewahrheitet, dann könnten Patienten mit Prostatakarzinom in Zukunft wirksamer behandelt werden», so Roger Schibli. «Es war ein gemeinsamer Effort, alle haben mitgezogen und es ist vielen freiwillig geleisteten Überstunden zu verdanken, dass wir zusammen so weit gekommen sind», sagt Cristina Müller, Gruppenleiterin am CRS, die seit über 10 Jahren an der Entwicklung dieses Radiopharmazeutikums beteiligt ist und die präklinischen Studien durchgeführt hat, die auch vom PHRT unterstützt wurden. Für die klinische Studie soll insgesamt 25 Patienten das neu entwickelte Radiopharmazeutikum verabreicht werden.
Im Rahmen der Studie wird das neu entwickelte Medikament in verschiedenen Dosierungen bei Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakrebs (mCRPC) eingesetzt. Die Mitarbeitenden des PSI haben das Radiopharmazeutikum so weiterentwickelt, dass einerseits das Radionuklid aber auch der Targeting-Agent optimiert wurden, was eine Alternative zum aktuell für die Behandlung eingesetzten Terbium-177 darstellen könnte. Die Abtötung einzelner Mikrometastasen gelinge so besser und eine Rückkehr des Krebses könne eher verhindert oder zumindest deutlich verzögert werden. Präklinische Studien haben die Effektivität des neuartigen Radionuklids mehrfach aufzeigen können. In der aktuell ersten Phase der klinischen Studie werden aktuell Mengen angewendet, die therapeutisch noch nicht wirksam sind. So kann in einem ersten Schritt die radioaktive Dosis im Tumor und Organen abgeschätzt werden. In einer zweiten Studienphase soll eine Erhöhung der Dosierung mit dem Ziel einer therapeutischen Wirksamkeit erfolgen.
Bernd Wollscheid, Vorsitzender des PHRT Executive Committee, fügt hinzu: «Es ist großartig zu sehen, dass die ursprüngliche Vision der ETH/von PHRT, Patienten durch Datenerkenntnisse aus translationalen Forschungsprogrammen Vorteile zu bringen, nun realisiert und in interventionellen klinischen Studien getestet werden kann, um den aktuellen Standard der Versorgung gemeinsam mit unseren klinischen Partnern am Universitätsspital Zürich und dem Universitätsspital Basel zu verändern.»
Über PHRT: Die Initiative «Personalized Health and Related Technologies (PHRT)» ist ein strategischer Schwerpunkt des ETH-Bereichs, der sich der Weiterentwicklung von personalisierter Medizin durch die Einbindung von innovativen Technologien, hochwertiger Forschungszusammenarbeit und klinischen Studien widmet. PHRT verfolgt das Ziel die Brücke zwischen akademischer Forschung und klinischer Praxis zu schlagen und so das Vorantreiben transformativer Lösungen für die Gesundheitsfürsorge zu ermöglichen. Seit 2017 fördert PHRT die Erprobung und Integration von ETH-Technologien in die klinische Praxis zum Wohle der Patientinnen und Patienten. Die Aktivitäten in der ersten Phase bis 2020 umfassten unter anderem die Lancierung von drei Technologieplattformen, insbesondere des Swiss Multi-Omics Center (SMOC), sowie die Finanzierung von mehr als 120 medizinisch-klinischen Forschungsprojekten verschiedener Art. Mit der Bewilligung von zwei klinischen Projekten hat das PHRT sein Ziel der zweiten Phase (2021-2024) erreicht, indem es die Lücke zwischen Forschung und praktischer Umsetzung im klinischen Umfeld schliessen konnte.
Über den ETH-Bereich: Der ETH-Bereich beinhaltet folgende sechs Forschungsinstitutionen: ETH Zürich (ETHZ), EPF Lausanne (EPFL), Paul Scherrer Institute PSI, Eidgenössische Material Prüfungsanstalt (Empa), Eawag und die WSL. ETHZ, EPFL, PSI und Empa sind Partner des strategischen Schwerpunktbereichs PHRT.