Komplexe in den Griff bekommen

Wissenschaftler von Paul Scherrer Institut und EMBL entwickeln automatisiertes Verfahren zur Herstellung von Multiprotein-Komplexen

Grenoble, Villigen, 3. Mai 2009

Die Strukturbiologin Natacha Olieric neben dem Roboter, an dem am PSI das automatisierte Verfahren zur Herstellung von Multiprotein-Komplexen implementiert worden ist.
(Foto: PSI / F. Reiser)

– Die meisten Vorgänge in lebenden Zellen werden von molekularen Maschinen ausgeführt, die aus vielen, miteinander wechselwirkenden Proteinen bestehen. Solche Proteinkomplexe stehen im Mittelpunkt aktueller biologischer Forschung, sind aber aussergewöhnlich schwer zu untersuchen, da die in Zellen vorhandenen Mengen für die Gewinnung gereinigter Komplexe meist zu gering sind. Eine neue Technologie zur Herstellung von Multiprotein-Komplexen, entwickelt von Forschern am Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen, Schweiz, und am European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Grenoble, Frankreich, macht jetzt den Biologen das Leben einfacher.

In einer Veröffentlichung, die am 3. Mai in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift Nature Methods erschienen ist, beschreiben Forscher der Gruppen von Michel Steinmetz am PSI und Imre Berger am EMBL die erste durchgehend automatisierte Methodik zur Herstellung von Multiproteinkomplexen – ACEMBL.

Das Verfahren macht es möglich, bislang schwer zugängliche Multiprotein-Komplexe schneller und effizienter in ihrer Struktur und Funktion zu erforschen. erklärt Michel Steinmetz, Leiter der Forschungsgruppe Proteinwechselwirkungen am PSI, die Vorteile von ACEMBL. Seine Arbeitsgruppe zeichnet unter anderem für die komplette Automatisierung des Verfahrens verantwortlich und hat das Verfahren auch anhand von bekannten Testkomplexen validiert.

ACEMBL kann Komplexe, die aus verschiedenen Arten von Bauteilen bestehen, herstellen, darunter Proteine, RNA und andere Biomoleküle. Zunächst ist das automatisierte Verfahren dafür ausgelegt, Proteine in Bakterien zu produzieren, in Zukunft wird es angepasst werden, um Komplexe auch in Säugerzellen herzustellen. Dies wird es ermöglichen, noch grössere, kompliziertere Proteinkomplexe menschlichen Ursprungs zu untersuchen, von denen viele krankheitsrelevant sind und damit als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Medikamente dienen können. Das System ist bereits auf kommerzielles Interesse gestossen: ACEMBL wurde von dem Biotechnologie-Unternehmen ATG biosynthetics GmbH lizenziert.

Dr. Michel Steinmetz
Forschungsgruppe Proteinwechselwirkungen
Paul Scherrer Institut PSI

+41 56 310 4754
michel.steinmetz@psi.ch 

Prof. Dr. Fritz Winkler
Forschungsbereich Biowissenschaften
Paul Scherrer Institut

+41 56 310 4258
fritz.winkler@psi.ch 

PD Dr. Imre Berger
EMBL
Structural Biology Unit
Grenoble Outstation

+33 4 7620 7061
iberger@embl.fr

  • Bieniossek C, Nie Y, Frey D, Olieric N, Schaffitzel C, Collinson I, et al.
    Automated unrestricted multigene recombineering for multiprotein complex production
    Nature Methods. 2009; 6(6): 447-450. https://doi.org/10.1038/nmeth.1326
    DORA PSI