Paul Scherrer Institut-Technologie an Bord eines neuen Navigationssatelliten

Erste Ergebnisse werden schon im Juni erwartet

Am vergangenen 27. April 2008 wurde GIOVE-B, der zweite Testsatellit des europäischen Navigationssystems GALILEO, auf seinen Orbit gebracht. Durch den Van-Allen-Gürtelund rund 23 200 km über der Erdoberfläche zieht GIOVE-B seine Kreise durch eine Region der irdischen Magnetosphäre, die permanent unter Beschuss durch einen intensivenSchauer hochenergetischer Strahlung steht. Ein am Paul Scherrer Institut (PSI) entwickeltes und getestetes System zur Strahlungsüberwachung sammelt wertvolle Datenüber das Weltraumwetter und sorgt zugleich für den sicheren Betrieb der Bordinstrumente.

Der Giove B Satellit des ESA Navigationssystems GALLILEO (Quelle: ESA/GALILEO)
SREM Detektor zur Messung von Protonen und Elektronen im Weltraum
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Weltraumsatelliten leben gefährlich. Oberhalb der Erdatmosphäre fehlt ihnen der Schutzschild, der uns Erdbewohner vor dem kontinuierlichen Bombardement der kosmischen Strahlung bewahrt. Der Arbeitsplatz von GIOVE-B ist eine stürmische Region der Erdmagnetosphäre, der so genannte Van-Allen-Gürtel, in dem jeder Quadratzentimeter zuweilen von Millionen hochenergetischer Elektronen und Protonen in der Sekunde durchquert werden kann. Die Intensität dieser Teilchenflüsse kann durch besondere Ereignisse wie solare Ausbrüche oder gar Atomwaffentests in der Atmosphäre sogar noch um Grössenordnungen zunehmen. Der ungeheuerliche Teilchenstrom, der hauptsächlich aus beschleunigter und durch die irdische Magnetosphäre eingefangener Strahlung besteht, stellt eine ernste Gefahr für die empfindliche Elektronik an Bord des Satelliten dar. Beim Aufprall auf die elektronischen Geräte geben die hochenergetischen Teilchen ihre Energie ab. Dies löst eine Reihe von Störungen aus, die von der Umkehrung von logischer Information (so genannter Bit-Flip) bis hin zu irreversiblen Schäden oder gar kompletter Zerstörung der Instrumente reichen. Unter dem Beschuss von geladenen Partikeln wird zudem die Effizienz der Solarpaneele des Satelliten beeinträchtigt und deren Lebensdauer verkürzt. Daten über dieses urgewaltige Weltraumwetter einzusammeln, das ist die Aufgabe des Detektors der Europäischen Raumfahrtorganisation (ESA), der den Namen Standard Radiation Environment Monitor (SREM) trägt.

Bei der Entwicklung des SREM kooperierten Forscher der Proton Irradiation Facility (PIF) am Paul Scherrer Institut mit dem Zürcher Raumfahrtunternehmen Oerlikon Space. Die Forscher am PSI waren für Konzept und Entwicklungsarbeit zuständig. Auf der Grundlage eines am PSI entwickelten Modells konnte das Unternehmen Oerlikon Space erfolgreich zehn Detektoren produzieren. Jeder einzelne dieser zehn Detektoren musste dann wiederum am Paul Scherrer Institut einer ausführlichen und aufwendigen Kalibrierung unterzogen werden. Darauf basierend wurden in einem weiteren Schritt, ebenfalls unter der Leitung der PSI Physiker Wojtek Hajdas und Nick Schlumpf, Modellvorhersagen entwickelt, mit denen das zukünftige Messverhalten der Strahlungsdetektoren im Weltraum simuliert wurde, so dass die gewonnenen Daten später korrekt ausgewertet werden können.

Zurzeit laufen die Messungen an Bord von GIOVE-B. Die ersten Daten über Intensität und Energiespektren der Strahlung werden bereits Anfang Juni am PSI erwartet.

GIOVE-B erweitert die Liste der ESA-Satelliten, die mit einem solchen Strahlungsmonitor ausgestattet sind. Bisher gehörten die Raumtrabanten PROBA1, INTEGRAL und ROSETTA dazu. Alle vier Satelliten sind mit genau baugleichen Detektoren bestückt, fliegen aber durch unterschiedliche Regionen des Strahlungsgürtels. Dies ermöglicht eine Kartierung der Teilchenströmung über weite Teile des Van-Allen-Gürtels. Weltraumforscher können anhand dieser Daten ihre theoretischen Modelle verfeinern. So kann beispielsweise der Zusammenhang zwischen den jeweils lokalen Magnetfeldern und den darin eingefangenen Teilchen mit Messgrössen wie Teilchenfluss, Energiespektren und Einfallsrichtung der Strahlen (Anisotropie) besser verstanden werden.

Weitgehend ungeklärt ist zudem die Verbindung zwischen dem Van-Allen-Gürtel und der erdnäheren Ionosphäre. Ereignisse in dem einen haben Auswirkungen auf die andere und umgekehrt. Wie und wieso sind Fragen, die noch erforscht werden müssen. Auch hierzu sollen die Daten des PSI-Detektors im GIOVE-B einen Beitrag liefern. Sichtbar sind die Konsequenzen der Verbindung: Die Verteilung der Strahlung im Van-Allen-Gürtel beeinflusst den Zustand der Ionosphäre. Mit der Konsequenz, dass ein von einem Satelliten zur Erde gesendetes Signal verändert wird. So kann dieses abgeschwächt und verzögert werden. Die Möglichkeit eine solche Signalverzögerung präzise bestimmen zu können ist aber eine Voraussetzung dafür, dass das Navigationssystem GALILEO seine angestrebten neuen Massstäbe in punkto Genauigkeit erzielen kann.

Trotz ihres bisherigen Erfolgs weisen die Detektoren noch Verbesserungspotenzial auf. Mit einer Leistung von knapp 2 Watt und 2,5 Kilo Gewicht sind die Geräte für zukünftige Anwendungen noch nicht sparsam und leicht genug. Mit einer an der Swiss Light Source des Paul Scherrer Instituts bewährten Technologie liesse sich der Leistungsverbrauch auf ein Fünftel, das Gewicht sogar auf ein Achtel reduzieren. Dazu sind allerdings Anpassungen der an der SLS für Röntgenstrahlung verwendeten Instrumente notwendig, damit sie auch Protonen und Elektronen messen können. Die neuen Miniaturdetektoren werden noch dieses Jahr auf dem Reissbrett existieren, versichert Hajdas. Interesse haben die ESA sowie schweizerische Hersteller von Telekommunikationssatelliten bereits kundgetan.

Kontakt

Dr Wojtek Hajdas
Department Particles and Matter,
Paul Scherrer Institut PSI

+41 56 310 42 12
wojtek.hajdas@psi.ch

À propos du PSI

L'Institut Paul Scherrer PSI développe, construit et exploite des grandes installations de recherche complexes et les met à la disposition de la communauté scientifique nationale et internationale. Les domaines de recherche de l'institut sont centrés sur des technologies d'avenir, énergie et climat, innovation santé ainsi que fondements de la nature. La formation des générations futures est un souci central du PSI. Pour cette raison, environ un quart de nos collaborateurs sont des postdocs, des doctorants ou des apprentis. Au total, le PSI emploie 2300 personnes, étant ainsi le plus grand institut de recherche de Suisse. Le budget annuel est d'environ CHF 460 millions. Le PSI fait partie du domaine des EPF, les autres membres étant l'ETH Zurich, l'EPF Lausanne, l'Eawag (Institut de Recherche de l'Eau), l'Empa (Laboratoire fédéral d'essai des matériaux et de recherche) et le WSL (Institut fédéral de recherches sur la forêt, la neige et le paysage). (Mise à jour: juin 2024)