Lichtblicke – PSI-Forschung im Jahr 2023

Zur Bekämpfung von Krebs ging es hinein in die Zellen, zur Erforschung unseres Sonnensystems hinaus zum Jupiter. Am PSI entstanden im Jahr 2023 neue Zusammenarbeiten zwischen Wissenschaft und Industrie, wegweisende Forschungsarbeiten zur Energiewende und immer wieder ging es um Licht. Wir blicken auf die vergangenen zwölf Monate zurück.


(Foto: Paul Scherrer Institut)

Januar

Das PSI-Jahr beginnt mit der Gründung des neuen Technologietransferzentrums «Swiss Photonics Integration Center» Swiss PIC. Es ist im Park Innovaare untergebracht und somit in unmittelbarer Nähe des PSI, das neben weiteren Beteiligten aus Industrie und Forschung einer der Gründungspartner ist. Swiss PIC bietet den Know-how-Transfer von akademischen Partnern in die Photonik-Industrie an. Unter Photonik versteht man die Nutzung von Licht zur Übertragung von Information in sogenannten photonischen integrierten Schaltkreisen.

Mehr darüber: Swiss PIC unterstützt die Schweizer Photonik-Industrie


(Foto: Paul Scherrer Institut/Markus Fischer)

Februar

Ebenfalls Licht, aber diesmal im medizinischen Bereich, war im Februar Thema. PSI-Forschende konnten mithilfe des Schweizer Freie-Elektronen-Röntgenlasers SwissFEL eine Art hochaufgelösten Film von Molekülen aufzeichnen, der zeigt, wie bestimmte Wirkstoffe sich mit Licht aktivieren oder inaktivieren lassen. Die Idee ist, diese sogenannten Photopharmaka nur an der benötigten Stelle im Körper zu aktivieren und nur für die benötigte Dauer. Damit könnten Nebenwirkungen verringert und Resistenzen beispielsweise bei Antibiotika reduziert werden.

Mehr darüber: Medikamente mit Licht an- und abschalten


(Foto: Scanderbeg Sauer Photography)

März

Auch das menschliche Auge braucht Licht. Wir sehen Dinge, wenn sie Licht zurückwerfen, das dann auf unsere Netzhaut trifft. Was dort gleich zu Beginn passiert, haben PSI-Forschende erstmals in Echtzeit untersucht: Das kleine Molekül Retinal, Abkömmling des Vitamin A, absorbiert einen Teil der eintreffenden Lichtenergie und verändert so seine dreidimensionale Gestalt. Im Bruchteil einer billionstel Sekunde bläht es sich minimal auf, verschafft sich dadurch die Freiheit, seine Form zu verändern, und startet damit eine Kaskade weiterer winziger Reaktionen, die uns letztlich das eingetroffene Licht wahrnehmen lässt.

Mehr darüber: So beginnt das Sehen


(Illustration: ESA/ATG medialab)

April

Am 14. April 2023 startete eine Rakete der ESA in Richtung Jupiter: der Beginn der Mission JUICE (Jupiter Icy Moons Explorer). Die Mission wird unter anderem Hinweise darauf suchen, ob es unter den Eisschichten der Jupiter-Monde Ozeane mit der Möglichkeit auf extraterrestrisches Leben gibt. Eines der vielen Instrumente an Bord ist der am PSI entwickelte Hightech-Detektor RADEM (Radiation-hard Electron Monitor). Er wird Aufschluss über die komplexen Strahlungsverhältnisse sowie die hochdynamische magnetische Umgebung des Jupitersystems liefern. Zusätzlich agiert RADEM als Wächter: Bemerkt er gefährlich hohe Strahlenwerte, können die anderen, empfindlicheren Instrumente der JUICE-Mission abgeschaltet und somit geschützt werden.

Mehr darüber: Jupiter-Mission soll lebensfreundliche Bedingungen erkunden


(Foto: Paul Scherrer Institut/Mahir Dzambegovic)

Mai

Null Treibhausgas-Emissionen ab 2050: Dieses ambitionierte Ziel kann die Schweiz schaffen, wenn Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gemeinsam darauf hinarbeiten. Mit dem frisch gegründeten Swiss Center of Excellence on Net-Zero Emissions (SCENE) bündeln mehr als 30 Forschungslabore interdisziplinär und institutsübergreifend ihr Fachwissen rund um das Thema Netto-Null-Emissionen. An SCENE sind alle Institutionen des ETH-Bereichs beteiligt: die ETH Zürich, die EPFL, die Empa, die WSL, die Eawag und als Leading House das PSI.

Mehr darüber: Der Weg der Schweiz zum Netto-Null-Ziel


(Foto: Paul Scherrer Institut/Mahir Dzambegovic)

Juni

Seine Stärke im Forschungsschwerpunkt Energie und Klima zeigte das PSI auch im Juni. Eine neue Fachpublikation stellte die Ergebnisse einer umfangreichen Computer-Simulation von Klima, globaler Wirtschaft und globalem Energiesystem vor. Mit einem Supercomputer berechnete ein internationales Forschungsteam 4000 Szenarien für 15 Regionen der Erde und berücksichtigte dabei jeweils die möglichen Entwicklungen in Zehnjahresschritten. 72 000 Variablen und 18 Unsicherheitsfaktoren, darunter das Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum, fanden Eingang. Ihre Studie liefert nun eine fundierte Basis für ein zukunftsfähiges Energiesystem.

Mehr darüber:  4000 Szenarien für die Klimawende


(Foto: Paul Scherrer Institut/Markus Fischer)

Juli

Ein neu entwickeltes Verfahren namens Gitter-Interferometrie könnte künftig die Früherkennung von Brustkrebs verbessern. Daran arbeiten Forschende des PSI, der ETH Zürich, des Kantonsspitals Baden und des Universitätsspitals Zürich gemeinsam. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung der Computertomografie, bei der mittels Röntgenstrahlung das Brustgewebe durchleuchtet wird. Die neue Methode wertet jedoch zusätzlich die Information aus, die bei der Brechung und der Streuung der Strahlen am Gewebe entstehen. Im Vergleich zum herkömmlichen Röntgen sind bei gleicher Strahlenbelastung sowohl Auflösung als auch Kontrast dieser Bilder deutlich höher, sodass sich kleinste Objekte leichter identifizieren lassen.

Mehr darüber: Brustkrebs früher erkennen


(Foto: Scanderbeg Sauer Photography)

August

Ein 67-jähriger Patient mit Speiseröhrenkrebs war am 15. August der erste Mensch in der Schweiz, der gegen diese Erkrankung Protonentherapie erhielt. Die Bestrahlung mit den positiv geladenen Teilchen fand am Zentrum für Protonentherapie des PSI statt, wo schon seit dem Jahr 1984 Personen mit verschiedenen Tumorerkrankungen behandelt werden. Die Behandlung des Patienten mit dem Speiseröhrenkrebs fand gemeinsam mit dem Universitätsspital Zürich im Rahmen einer europäischen klinischen Studie statt. In dieser wird erforscht, ob die Protonentherapie sich zur Behandlung dieser Krebsart eignet, denn damit liessen sich womöglich Lungenkomplikationen verringern, die bei der klassischen Bestrahlung häufig auftreten.

Mehr darüber: Premiere: Protonen gegen Speiseröhrenkrebs


(Foto: Paul Scherrer Institut/Michel Jaussi Photography)

September

Am 30. September wurde um 8 Uhr morgens die Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS, eine der fünf Grossforschungsanlagen des PSI, heruntergefahren. Für etwas mehr als ein Jahr bleibt die SLS für die Forschung ausser Betrieb, während die Anlage einen umfassenden Umbau erhält: das Upgrade „SLS 2.0“. Die SLS wird 2025 verbessert wieder in Betrieb gehen. Ab dann liefert sie für zukunftsweisende wissenschaftliche Experimente noch intensiveres und dichter gebündeltes Röntgenlicht als zuvor. Dadurch lassen sich zukünftig mehr Proben in derselben Zeit untersuchen beziehungsweise es werden in derselben Zeit mehr wissenschaftliche Daten produziert. In vielen Fällen steigt dabei die Quantität um den Faktor 40.

Mehr darüber: SLS 2.0: Für den Umbau pausiert das Licht


(Foto: Paul Scherrer Institut/Mahir Dzambegovic)

Oktober

Forschende konnten beobachten, was im Inneren einer Batterie während des Lade- und Entladevorgangs geschieht. Röntgenstrahlen dringen nicht durch Metalle, Neutronen dagegen schon. Das machten sich PSI-Forschende an der Schweizer Spallations-Neutronenquelle SINQ zunutze. Sie kombinierten bildgebende Verfahren der Neutronen-Spektroskopie und der Neutronen-Abschwächung zu einer neuen Technik, mit der sie erstmals auch schnelle Prozesse sichtbar machen konnten, zum Beispiel wenn der flüssige Elektrolyt in der Batterie bei tiefen Temperaturen fest wird. Die Analyse hilft, die physikalischen und chemischen Vorgänge besser zu verstehen und Batterien mit besseren Eigenschaften zu entwickeln.

Mehr darüber: Bessere Batterien für E-Autos


(Foto: Paul Scherrer Institut/Markus Fischer)

November

Ältere Körperzellen in einen jugendlichen, stammzellenähnlichen Zustand zurückzuversetzen, klingt nach einem Traum. PSI-Forschenden ist dies im Labor-Massstab gelungen, und zwar ohne Gentechnik oder Chemikalien, sondern durch eine rein mechanische Anregung der Zellen. Die Forschenden arbeiteten mit Fibroblasten, die zu den Bindegewebszellen zählen. Diese betteten sie in eine Art Gitter aus Protein. Durch die räumliche Einschränkung im Gitter kam es bei der Zellteilung zu einem Prozess, der die Fibroblasten in einen stammzellenähnlichen Zustand zurückversetzte. Diese reprogrammierten Zellen setzten die Forschenden in ein Labor-Modell für altes, verletztes Hautgewebe ein und konnten zeigen, dass dadurch die Wundheilung gefördert wurde.

Mehr darüber: Mechanische Reprogrammierung für das Gewebe


(Foto: Adobestock)

Dezember

Nochmals um die Bekämpfung von Tumoren, diesmal mit einem Blick in die Blutzellen, ging es im Dezember. PSI-Forschende untersuchten per Fluoreszenz-Mikroskopie das sogenannte Chromatin im Zellkern. Das Chromatin ist die DNA, die dort zu einer Art Knäuel verpackt ist. Mithilfe künstlicher Intelligenz werteten die Forschenden rund zweihundert Merkmale der Struktur des Chromatins bestimmter Blutzellen aus. Mit einer Treffsicherheit von 85 Prozent konnten sie so die Zellen von zehn gesunden und zehn erkrankten Personen unterscheiden. Die Methode könnte helfen, Tumore in einem sehr frühen Stadium zu erkennen sowie den Verlauf einer Krebstherapie engmaschig zu überwachen – zwei entscheidende Punkte für die Erfolgsaussichten einer Behandlung.

Mehr darüber: Früherkennung von Krebs möglich machen