Aus dem Innern einer Eierschale
Winzige Bl�schen im Innern von Eierschalen liefern die Stoffe, die das Wachstum der Schale stimulieren und steuern. Mit einer neuartigen Tomografie-Technik haben Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI, der ETH Z�rich und des niederl�ndischen AMOLF-Instituts diese Bl�schen erstmals in 3D abbilden k�nnen. Sie heben damit eine alte Einschr�nkung tomografischer Bilder auf und hoffen, dass eines Tages auch die Medizin von ihrer Methode profitiert.
Forschende des Paul Scherrer Instituts, der ETH Z�rich und des AMOLF-Instituts in den Niederlanden haben eine Methode entwickelt, die es erm�glicht, mithilfe von R�ntgenlicht hochaufgel�ste 3D-Bilder von Ausschnitten eines Gegenstandes zu erstellen. Sie konnten damit ein Netzwerk Nanometer-kleiner Bl�schen in der Schale eines H�hnereis aufl�sen, von denen man sonst nur zweidimensionale Bilder hatte. Die R�ntgenaufnahmen entstanden an der Strahllinie cSAXS der Synchrotron-Lichtquelle Schweiz (SLS) am PSI. Die Eierschale dient heranwachsenden K�ken nicht nur als Schutz vor der harschen Aussenwelt. Sie speichert auch Kalzium, das die K�ken f�r ihr Wachstum brauchen. Und sie ist durchl�ssig f�r Luft, damit die Embryonen auch atmen k�nnen. Die Aussenluft tritt durch Mikrometer kleine Poren in der Struktur der Eierschale hindurch. Noch kleiner als diese Poren sind die Bl�schen (Vesikel), die die Stoffe freisetzen, die das Wachstum der Schale steuern. Sowohl die Poren zur Atmung als auch diese Bl�schen sind in einer Matrix eingebettet, die haupts�chlich aus dem Mineral Biokalzit (Kalziumcarbonat) besteht.
Eine L�sung f�r ein altes Problem der Tomografie
Dank einer neuen tomografischen Technik konnten Wissenschaftler um Manuel Guizar-Sicairos vom PSI nun zum ersten Mal die Nanometer-kleinen Bl�schen in der Eierschale r�umlich, d.h. in drei Dimensionen sichtbar machen. Diese Bl�schen hatte man bisher nur mithilfe von Elektronenmikroskopen aufl�sen k�nnen, dies waren aber zweidimensionale Bilder. Die Forschenden erstellten nun mit hoch brillantem R�ntgenlicht aus der Synchrotron-Lichtquelle Schweiz (SLS) am PSI ein hochaufgel�stes 3D-Bild des Bl�schennetzwerkes in einem kleinen Ausschnitt der Eierschale, der ungef�hr so gross war wie die Breite eines menschlichen Haares. Sie konnten nicht nur die Bl�schen in Nanometeraufl�sung abbilden, sondern auch quantitative Information gewinnen, und zwar �ber die Dichte des umliegenden Materials. Die Bestimmung der Dichte best�tigte, dass es sich bei diesem Material wie erwartet um Kalzit handelte. Mit diesen Ergebnissen umgehen die Autoren der Arbeit ein altes Problem der Tomografie: Bei diesen 3D-Bildern war es bisher unm�glich, einen Ausschnitt eines abgebildeten Gegenstands �heranzuzoomen�, ohne dabei an Aufl�sung und quantitativem Informationsgehalt zu verlieren.
Sch�rfe dank unscharfem �bersichtsbild
Die Wurzel des Problems liegt in der Art und Weise, wie diese Tomografiebilder entstehen. Der abzubildende Gegenstand muss aus vielen verschiedenen Richtungen mit R�ntgenlicht beleuchtet werden; dazu wird er um eine Achse senkrecht zum R�ntgenstrahl gedreht. Ein Detektor, der dahinter platziert ist, zeichnet das vom Gegenstand ver�nderte R�ntgenlicht zweidimensional auf. Aus diesen 2D-Bildern, die jeweils ein Muster aus hellen und dunklen Bereichen bilden, rekonstruiert man dann am Computer ein 3D-Bild des Gegenstandes.
M�chte man nun ein 3D-Bild eines Ausschnitts aus dem Innern dieses Gegenstands erstellen � also praktisch den Ausschnitt heranzoomen �, dann leidet die Bildqualit�t. Das Problem kommt daher, dass beim Beleuchten des Ausschnitts Teile seiner Umgebung nicht mitbelichtet werden. Dieser Informationsverlust erschwert die sp�tere Bild-Rekonstruktion am Computer, da die Rekonstruktionsprogramme diese Information �ber die Umgebung ben�tigen, um quantitative Information �ber den Ausschnitt zu gewinnen.
Im Umkehrschluss heisst das: Um den Ausschnitt mit hohem Detailreichtum abzubilden, muss man praktisch den gesamten Gegenstand stark beleuchten. Und das bedeutet wiederum viel Zeit und eine unerw�nscht hohe Strahlungsbelastung des abzubildenden Objekts. Es ist, als ob man den gesamten Kopf eines Menschen stark beleuchten m�sste, obwohl man nur ein scharfes Bild der Nase m�chte. Die Frage, mit der sich Tomografie-Experten seit Langem herumschlagen, lautet: Wie kann man den Ausschnitt m�glichst detailreich und dabei schnell und mit m�glichst geringer Strahlungsdosis f�r dessen Umgebung abbilden? Oder, um beim Vergleich zu bleiben: Wie kann man die Nase scharf abbilden, ohne den ganzen Kopf stark zu beleuchten? Nun hat das Forscherteam um Guizar-Sicairos die Antwort geliefert: Es gen�gt, eine stark belichtete Aufnahme des Ausschnitts mit einem weniger hoch aufgel�sten Bild des gesamten Gegenstandes zu erg�nzen. Man belichtet also die Nase stark und den restlichen Kopf schwach; das reicht aus, um die Nase scharf in 3D abzubilden. Das weniger scharfe �bersichtsbild kann schnell erstellt werden und liefert trotzdem gen�gend Information, um den Ausschnitt in hoher Aufl�sung zu rekonstruieren. Insgesamt ergeben sich dadurch eine niedrigere Strahlungsdosis sowie ein geringerer Zeitaufwand f�r die Aufnahme.
Medizinische Anwendungen denkbar
Mit der neuen Technik kann man Ausschnitte eines Gegenstandes schneller in hoher Aufl�sung abbilden, ohne die Umgebung des Ausschnitts unn�tig stark mit Strahlung zu belasten. Das k�nnte diese Methode auch f�r medizinische Anwendungen interessant machen. Denkbar w�ren etwa Computertomografiebilder eines Teils eines Organs, ohne dass man daf�r den ganzen K�rper des Patienten stark bestrahlen muss. Technisch sollten keine grossen Stolpersteine im Weg stehen, denn die neue Technik ist nicht auf R�ntgenlicht einer Grossanlage wie der SLS angewiesen. "Sie w�rde auch, nach Anpassungen, mit den R�ntgenmaschinen funktionieren, die man in Spit�lern verwendet�, sagt Guizar-Sicairos.
Text: Paul Scherrer Institut/Leonid Leiva